Samstag, 2. Juni 2018

Rom in 5 Tagen - Tag 2/5

 


Piazza Barberini

Auf dem Weg zu deinem ersten Tagesziel, solltest du einen kleinen Schlenker zu diesem bekannten Platz machen. Er ist in der Vergangenheit zu zweifelhafter Wichtigkeit gelangt, da er als Aufbahrungsort für unbekannte Leichen benutzt wurde. Hier wurden vom 16. bis ins 18. Jahrhundert Tote aufgebahrt, damit sie besichtigt und gegebenenfalls so identifiziert werden konnten. Wie ich bereits im Post zu Tag 1 schrieb, ist einer der größten Künstler der Geschichte Gian Lorenzo Bernini, ein begnadeter Bildhauer, der überall in Rom seine Fußspuren hinterlassen hat.

Auf der Piazza Barberini befindet sich der Tritonenbrunnen, der von ihm geschaffen wurde. Bernini war auch verantwortlich für die Neugestaltung des gesamten Platzes im Barockstil. Beides, sowohl Brunnen als auch Piazza waren Auftragsarbeiten für den damaligen Papst Urban VIII. Ich möchte ein paar Worte über das Material verlieren, aus dem der Brunnen gehauen wurde. Es handelt sich um ein Material, welches das antike römische Stadtbild sehr geprägt hat, nämlich römischer Travertin. Der Name des Gesteins leitet sich von seinem Abbauort ab – Tivoli. Wenn du Zeit hast oder vielleicht nochmal nach Rom kommst, solltest du unbedingt einen Tagesausflug nach Tivoli einplanen, es ist nicht weit weg, mit dem Zug gut zu erreichen und dort gibt es die Ruine der Villa des Kaiser Hadrians zu sehen; eine bei druckend weitläufige Anlage, die teilweise so gut erhalten ist, dass man keine Mühe hat, sich vorzustellen wie der damalige Kaiser gelebt hat. Zurück zum Travertin. Wie gesagt, prägt er das optische Bild Roms bereits seit der Antike, wird aber heutzutage weltweit eingesetzt. Römischer Travertin wurde beispielsweise in den Kö-Bögen in Düsseldorf verbaut.

Tritonen- /Neptunbrunnen waren im Barock sehr beliebt, wie generell die Darstellung von mythologischen Figuren. Aber insbesondere jene, die für leibliches Wohl, Kraft und Leben standen; es passte einfach genau zum Zeitgeist des Barocks, eine Zeit die von Opulenz und Dekadenz geprägt war. Auch wenn dieser Brunnen eine eigenständige Arbeit Berninis ist, darf natürlich der Verweis auf den Auftragsgeber nicht fehlen, denn wenn die Päpste der damaligen Zeit eines nicht waren, dann bescheiden. So findet man zwischen den Delphinen des Brunnens die päpstliche Tiara, die Schlüssel Petri sowie das Wappen der Barberini.

Übrigens: Papst wurde man nicht zufällig. In der Regel war es so, dass die Päpste durch die großen römischen Adelsfamilien gestellt wurden; es war eine ganz klar vorgegebene und geplante Karriere. Viele Päpste verwiesen daher in ihren Wappen auch immer auf ihre adlige Herkunft und einige dieser Wappen begegnen einem in Rom immer wieder. Der Auftraggeber des Neptunenbrunnens, Papst Urban VIII. war ein Barberini-Spross und viele seiner Familienmitglieder machten Karriere in der Kirche. Überhaupt war es gängige Praxis des Heiligen Stuhls, nahen und fernen Verwanden hohe Ämter zu verleihen und Macht zuzuteilen. Der Fachbegriff hierfür lautet Nepotismus (von lat. Nepos = Neffe), was nichts weiter als ein schöneres Wort für Vetternwirtschaft ist.

 


Spanische Treppe

Das dürfte jetzt der erste Spot sein, der wirklich weltweit bekannt ist und mit Rom assoziiert wird. Vieles in Rom ist sicherlich Spezialistentum und eher durch Kennerwissen zugänglich, aber die Spanische Treppe kennt jeder. Der Name hat übrigens nichts damit zu tun, dass sie aus Spanien stammt oder einen spanischen Stil hat. Ihr eigentlicher Name lautet Scalinata di Trinità dei Monti, also Treppe der Dreifaltigkeit am Berge, benannt nach der Kirche an der sie beginnt. In dieser Kirche war ich übrigens noch nie, aber ich weiß, dass sie unspektakulär ist – du kannst sie dir sparen. Die Bezeichnung Spanische Treppe leitet sich wiederum vom Namen des Platzes ab, auf den sie herabführt – Die Piazza di Spagna. Tja, was kann sie denn nun, diese Treppe? Sie spielte eine gewisse Rolle im Verhältnis zwischen den Interessen des römischen Papstes Innozenz XIII. und des damaligen französischen Königs, welcher die besagte unspektakuläre Kirche finanziert hatte, sowie einen nicht unerheblichen Geldbetrag für den Bau einer Freitreppe aufgebracht hatte, auf der er zu ebenjener Kirche schreiten kann, wenn er denn mal in der Stadt ist. Außerdem war Frankreich seinerzeit eine der Schutzmächte Italiens und natürlich wollte sich der König – es war Ludwig der XII. übrigens- nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, indem er riskierte, dass der Bau der Treppe am Ende gar nicht ihm zugeschrieben wird und sie zu einer Demonstration des päpstlichen Machtanspruchs gerät. Es gab also einen Interessenskonflikt zwischen König und Kirche, da eine solche Machtdemonstration der französischen Schutzmacht für den römischen Papst inakzeptabel war. Dieses Problem führte dazu, dass der Bau zunächst stagnierte. Als das Bauvorhaben schlussendlich beendet werden konnte, war bereits nicht mehr derselbe Ludwig an der Macht und auch längst nicht mehr der ursprüngliche Papst. Die Machtkonkurrenz der vormals Beteiligten ist an der Treppe aber auch heute noch deutlich sichtbar, und zwar in der Darstellung der bourbonischen Lilien des französischen Königshauses in unmittelbarem Dialog mit den Adlern des Wappens von Papst Innozenz XIII.

Übrigens: Auf der Piazza di Spagna befindet sich die Fontana della Barcaccia, ein Brunnen den Berninis Vater gebaut hat.

 


Trevibrunnen

Wo wir grad bei Brunnen sind, es gibt wohl kaum einen berühmteren als die Fontana di Trevi

Der Brunnen wurde im spätbarocken Stil erbaut und auch hier haben wir wieder ganz passend eine Triton-Thematik. Wie bei fast allem in Rom, gibt es natürlich auch hier wieder eine Vorgeschichte, bzw. einen Vorgängerbau. Unter Marcus Agrippa, der römischer Konsul war, gab es ganz in der Nähe eine Therme, welche durch das Aquädukt Aqua Virgo gespeist wurden. Dieses Aquädukt ist das einzige, welches seit der Antike noch bis heute ununterbrochen im Betrieb ist und Wasser aus den Bergen nach Rom transportiert. Dieses Wasser speiste aber nicht nur die Therme, sondern führte auch Wasser in einen einfachen Brunnen auf dem Platz der heutigen Fontana di Trevi. Bernini (wer auch sonst) erhielt den Auftrag zur Konzeption eines großen Brunnens, aus Geldmangel konnte dieser jedoch nicht planmäßig vollendet werden und es wurde zunächst bei einem schlichten Brunnenbecken belassen. Etwa 100 Jahre später schrieb Papst Clemens XII. einen Architekturwettbewerb aus, um das Projekt repräsentativ zu vollenden. Obwohl sich viele namhafte Architekten der damaligen Zeit bewarben, ging der Auftrag an den noch unbekannten Nicola Salvi, der bis zu diesem Zeitpunkt kaum etwas gebaut hatte und eher als Underdog gesehen werden kann. Er selbst erlebte die Fertigstellung des Brunnen allerdings nicht mehr und verstarb gegen Ende der Bauzeit; das Projekt wurde aber in seinem Sinne zuende gebracht.

Übrigens: Die Legende besagt, dass es Glück bringe, Münzen über die Schulter in den Brunnen zu werfen. Eine Münze führe zu einer sicheren Rückkehr nach Rom, zwei Münzen dazu, dass der Werfende sich in einen Römer oder eine Römerin verliebe, drei Münzen würden zu einer Heirat mit der entsprechenden Person führen.

 


Chiesa di Sant’Ignazio di Loyola

Du hast nun schon einiges an Kunst gesehen….Architektur, Mosaike, Bildhauerei. Was noch fehlt ist die Malerei und was wäre die italienische Kunstgeschichte ohne ihre Fresken? Der Begriff Fresko leitet sich vom italienischen „a fresco“ ab und bedeutet „ins Frische“. Das heißt, es wird zunächst eine Fläche verputzt und dann auf dem noch frischen, nassen Putz gemalt. Die Farbe trocknet dann mit dem Putz auf und verbindet sich mit dem Untergrund. Das macht Fresken auch über so viele Jahre haltbar. Das Gegenteil wäre „a secco“, also „aufs Trockene“. Das berühmteste a secco Gemälde ist Das Abendmahl von Leonardo da Vinci, von dem man im Allgemeinen ja weiß, dass es im Grunde ununterbrochen restauriert werden muss und insgesamt in einem schlechten Zustand ist, eben weil die a secco Technik nicht so haltbar ist.

Über die Sankt Ignazius Kirche zu schreiben ist tatsächlich nicht leicht. Man muss es mit eigenen Augen gesehen haben, denn zu beschreiben ist es eigentlich nicht. Als ich das erste Mal dort war, bin auch ich auf den brillanten perspektivischen Trick hereingefallen obwohl mir illusionistische Malerei bekannt war. Die hier ausgeführten Fresken gelten als beispielhaft für diese Art der Malerei. Man darf es nicht, aber eigentlich müsste man sich im Mittelschiff der Kirche auf den Boden legen und einfach hoch in die Unendlichkeit blicken. Die Art wie mittels Farbe die Architektur weitergeführt wird um Höhe zu erzeugen ist sogar dann noch schwindelerregend wenn man weiß dass es ein Trick ist. Du solltest langsam durch diese Kirche gehen und dabei den Blick nach oben richten um zu sehen wie es funktioniert. Von der Decke des Mittelschiffs mal abgesehen, ist das Highlight natürlich die Fake-Kuppel. Ursprünglich sollte es eine richtige geben, die aber baulich letztlich nicht umgesetzt wurde. So entschied man sich, eine Kuppel zu malen. 

Auch hier enthüllt sich die optische Täuschung erst durch Bewegung. Immer wieder in Erstaunen versetzt mich hier noch ein weiteres Beispiel für unglaubliche Handwerkskunst, und zwar das Grabmal Papst Gregors XV. im rechten Teil der Kirche. Wenn man nicht wüsste, dass es sich bei dem riesigen Vorhang um Marmor, also um soliden Stein handelt, könnte man es auf den ersten Blick auch für einen schweren Brokatstoff halten, so detailliert und schwungvoll ist die Nachbildung des Faltenwurfs ausgeführt worden.

Aber nochmal zurück zum Deckenfresko. Ich hatte an anderer Stelle bereits erwähnt, dass das Christentum adaptiv ist. Man muss sich vorstellen, dass das Christentum nicht in einer Gesellschaft Ungläubiger etabliert werden musste. Die Menschen glaubten bereits etwas und lebten diesen Glauben seit ewigen Zeiten. Der Vielgötterglaube der römischen Antike brauchte also eigentlich keine neue Religion. Also wie macht man so eine neue Religion schmackhaft, wenn die bestehende bereits für jeden etwas parat hält? Man adaptiert und deutet um. An die Stelle der vielen Götter traten unzählige Heilige, die nicht nur ganz ähnliche Fähigkeiten und Funktionen hatten, sondern auch bis heute mit teilweise gleichen Attributen dargestellt werden. Ein Beispiel hierfür ist Maria als Mutter Gottes, bzw. tatsächliche menschliche Gebärerin Jesu. Maria war nicht von Anfang an als wichtige Figur im Christentum eingeplant, es war eine Religion die nur männliche Figuren kannte. Das funktionierte nicht. Platt gesagt, es brauchte eine Galionsfigur für die weibliche Kundschaft. Auf dem Konzil von Ephesos im Jahr 431 n. Chr. wurde Maria offiziell als leibliche Mutter Jesu (nicht Gottes) eingeführt und gehörte fortan zum Kerninventar der Verehrungsprominenz. Als Vorlage für Maria und die daran geknüpfte Verehrung durch die Gläubigen, diente die römische Göttin Luna. Aber ich schweife ab.  

Das Deckenfresko in der Kirche hier zeigt die sogenannte Apotheose des Heiligen Ignazius. Apotheose bedeutet Gottwerdung oder Vergottung, und wenn man bedenkt, dass das Christentum nur einen einzigen Gott kennt, ist das doch irgendwie verwunderlich. Tatsächlich ist die Apotheose ein sehr bekanntes Motiv aus der Antike und sie beschreibt die Erhebung eines Menschen zu einem Gott oder Halbgott. Also eher etwas, dass wir von der Praxis her dem Olymp zusprechen würden, aber nicht dem Christentum. Hier wurde also kräftig aus einer Thematik abgekupfert, die man eigentlich vernichten wurde…ein Schelm, wer Böses denkt und es Rosinen rauspicken nennt.

Übrigens: Apotheosen sind auch Alexander dem Großen, Augustus und Caesar widerfahren. Angeblich…

 


Pantheon

Der nächste Halt führt uns zu einem weiteren Paradebeispiel für Adaption und Umdeutung: dem Pantheon. Wenige kennen es unter seinem richtigen Namen: Santa Maria ad Martyres, denn es ist tatsächlich eine geweihte katholische Kirche. Der Begriff Pantheon bezeichnet das Bauwerk als solches; traditionell hatte in der Antike jede Gottheit sein eigenes Heiligstes, also einen Tempel. Ein Pantheon ist aber ein Bauwerk, welches alle Götter ehrt. Das Pantheon in Rom ist das einzige gut erhaltene antike Bauwerk seiner Art weltweit. Wann man mit dem Bau des Pantheons begonnen hat ist unklar, man weiß aber dass es unter der Regentschaft von Kaiser Hadrian, genaugenommen zwischen 125 n. Chr. und 128 n. Chr. fertiggestellt wurde. Der übrigens mein Lieblingskaiser ist, weil er für seine Zeit sehr fortschrittlich und modern war. Nachdem das Christentum Staatsreligion wurde, blieb das Pantheon eine lange Zeit ungenutzt, bis es schließlich 609 n. Chr. in eine christliche Kirche umgewandelt und, wie der Name schon sagt, der Heiligen Maria sowie allen christlichen Märtyrern geweiht wurde.

Das Pantheon ist ein wahrer Rekordbrecher, nicht nur dass es bis heute einen riesigen Einfluss auf die Architekturgeschichte hat, es hat auch nach wie vor die größte Kuppel der Welt (gemessen am Innendurchmesser). 

Wenn man davorsteht, kann man es sich schwer vorstellen, aber in der Fernaufnahme und in Relation zu anderen Gebäuden wird deutlich wie gigantisch es ist.  Wenn man in der Rotunde steht und nach oben blickt, sieht man die kassettenartige Ausarbeitung der Kuppel, die heute sehr farblos ist. Aus Überlieferungen weiß man aber, dass einst in jeder Kassette ein goldener Stern war. Stellt man sich dann vor, wie diese Sterne das Licht aus Fackeln und Brennschalen reflektiert haben, muss dies ein überwältigender Anblick gewesen sein. Das Loch in der Decke, das sogenannte Opaion ist die einzige Lichtquelle durch die Tageslicht fällt. Opaion bedeutet „Rauchloch“ und es diente dazu, den Rauch der vielen Feuerstellen abziehen zu lassen, als die Kirche noch ein Tempel war. Auch heute ist es immer offen, daher ist der Fußboden leicht geneigt und es gibt etliche versteckte Abflüsse, durch die das Regenwasser abfließen kann.

In den heutigen Tag, der im Sinne der Kunst stehen soll, passt das Pantheon vor allem deshalb gut rein, weil es in der Renaissance als Grablegestätte für einige bedeutende Künstler benutzt wurde. Besonders ein Grab ist es, welches heute die Besucher anzieht, und zwar das des berühmten Malers Raffael.

Übrigens: Die wohl bekanntesten Arbeiten Raffaels kannst du in den vatikanischen Museen bewundern.

 

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