Freitag, 10. September 2021

Backpacking auf Malta: nordafrikanisches Klima meets südeuropäische Lebensart


Auf der Suche nach einem kurzzeitigen Ausweg aus dem deutschen Regensommer 2021, recherchierte ich mich durch europäische Reiseziele, die trotz Pandemie relativ einfach zu bereisen sind und gleichzeitig ein gutes Gefühl von "Fremde" in mir erzeugen können, da Fernreisen auch in diesem Jahr nicht möglich sind und ich dringend einen Tapetenwechel benötigte.

Mit Malta hatte ich mich zuvor nie auseinandergesetzt und so fiel meine Wahl auf den kleinen Mittelmeer-Archipel bestehend aus der Hauptinsel Malta , der kleinen Schwesterinsel Gozo und dem nahezu unbewohnten Comino (offiziell leben hier dauerhaft nur drei Menschen). Der Inselstaat Malta liegt 81km südlich von Sizilien und damit auch in unmittelbarer Nähe zum afrikanischen Festland, was sich im subtropischen, trockenen Mittelmeerklima zeigt. Ich komme mit Hitze sehr gut klar, daher hat mich auch eine Malta-Reise im Hochsommer nicht abgeschreckt. 

Typische Tür auf Malta

Zum Backpacking auf Malta habe ich (verglichen mit Zielen wie Südostasien) erstaunlich wenig Informationen gefunden; es scheint keine Top-10-Backpacking-Destination zu sein, aber individuelles Reisen mit kleinem Geldbeutel ist hier mit etwas Vorplanung absolut möglich. Ich denke, Malta ist einfach zu unbekannt unter diesem Aspekt, denn aus meiner Sicht ist es nahezu perfekt für Backpacking in Europa. Folgendes spricht (neben den kulturellen Vorzügen des Landes) für einen Backpacking-Trip nach Malta:

- Günstige Fortbewegung und kurze Wege

- Charmante Hostels, Homestays und AirBnB's

- Preiswert Essen & Trinken

- Viele kostenlose Aktivitäten, z.B. wandern in atemberaubender Natur

Die Anreise auf Malta erfolgt entweder via Direktflug aus vielen deutschen Städten oder ist per Fähre von Sizilien aus möglich, wenn man seine Malta-Reise mit Italien verbinden und Flugmeilen reduzieren möchte. Ich bin mit Air Malta vom Flughafen Düsseldorf aus geflogen, der Flug dauert keine 3 Stunden.
Der große Vorteil von Malta ist seine geringe Größe, hierdurch erübrigt sich u.A. das Problem, welches man bei der Ankunft an einem Flughafen immer hat: "Und wie komme ich jetzt zu meiner Unterkunft?" Diese liegt schlimmstenfalls nämlich dutzende Kilometer weit entfernt vom Flughafen. Das passiert einem auf Malta nicht, die Insel ist nur wenige Kilometer lang und der Flughafen von jedem Ort  in max. 20 Minuten zu erreichen. Wenn du keinen Transfer mit deiner Unterkunft ausgemacht hast, kannst du dir ein eCab nehmen, die sind wesentlich günstiger als die normalen weißen Taxis und du kannst sie dir einfach über die eCab-App bestellen. Dank Standortermittlung holt dich das eCab einfach dort ab wo du gerade stehst, eine Adresseingabe ist nicht notwendig - nur deine Zieladresse solltest du kennen, hierfür reicht in der App aber auch die Eingabe des Namens deiner Unterkunft - super easy also!
Wenn dir das noch zu teuer ist, kannst du am Flughafen auch einfach in den Bus steigen; es fahren mehrere Linien zu nahezu jedem Ort. Busfahren ist auf Malta besser als in jedem anderen Land das ich kenne (einschließlich Deutschland). Es gibt unheimlich viele gut organisiert und getaktete Verbindungen, sehr viele Direktlinien, die zahlreiche Ort ohne Umstieg anfahren und es ist wahnsinnig preiswert (eine einfache Fahrt kostet 2 EUR, egal wohin).Wenn du dich auf Malta mit dem Bus fortbewegen möchtest, solltest du dir die Tallinja-App aufs Smartphone laden, sie zeigt dir über die Standortermittlung immer die nächsten Bushaltestellen im Umkreis, inkl. der dort abfahrenden Linien und ihrer Zeiten an. Wenn du ein paar Tage auf Malta unterwegs sein wirst, kannst du dir auch eine ExploreCard holen, damit sparst du nochmal Geld. Es gibt verschiedene Varianten, ich hatte die 7-Tages-Karte für 21 EUR, mit der ich unbegrenzt fahren konnte. Die Karten gibt es an jedem Busbahnhof zu kaufen und so einen hats praktisch in jeder Stadt.

Unterkünfte gibt es auf Malta zahlreich und in jeder Kategorie und Preisklasse. Vom Luxus-Spa-Resort über All-Inclusive-Ballerburg bis zu einfachen Hostels ist wirklich alles dabei. Ich buche immer über Booking.com oder AirBnB und mag auf Reisen eine Mischung aus sozialen Hostels, privaten Homestays und Bed & Breakfast. Für Malta und Gozo kann ich drei Unterkünfte von Herzen empfehlen:

Balluta Bay, St. Julians's 

1. Inhawi Hostel, St. Julian's (Malta)
Ein sehr schönes Hostel mit Pool in perfekter -aber ruhiger- Lage fußläufig zum kleinen Sandstrand Balluta Bay. Das Frühstück ist inklusive und das Bett im 12er-Schlafsaal gibt es ab 11 EUR pro Nacht, ein Einzel- bzw. Doppelzimmer mit eigenem Bad schon ab 33 EUR pro Nacht. Der Staff ist wahrnsinnig nett und hilfsbereit, das ganze Haus sauber und sehr gut ausgestattet (Gemeinschaftsräume, Co-Working-Area, ausgezeichnetes WiFi, Küche, Kaffee- und Snackautomaten, Garten mit Hängematten und tolle Pool-Area). Auch die nächste Bushaltestelle ist nur einen Steinwurf entfernt; von hier aus lassen sich Ausflüge oder Spaziergänge an der Promenade sehr gut unternehmen. Spinola Bay mit seinen vielen guten Restaurants ist ebenfalls fußläufig erreichbar. Ebenso wie das Ausgehviertel Paceville.



Hafen von Marsaxlokk

 2. Mangion House, Marsaxlokk (Malta)
Da der Fischerort Marsaxlokk bei einer Malta-Reise keinesfalls fehlen darf, sollte man hier unbedingt ein paar Nächte einplanen. Das Homestay von Host Salvu Mangion hat mir besonders gut gefallen. Hier wohnt man in unmittelbarer Nähe zum malerischen Hafen und Strand zusammen mit dem Gastgeber in seiner gemütlichen Wohnung mit Dachterasse. Salvu hat viele Jahre im Ruhrgebiet gelebt und spricht fließend deutsch, englisch und maltesisch und ist einer der besten Gastgeber, die ich auf Reisen je hatte. Hier kommt man als Fremder und geht als Freund! Es gibt ein sehr gutes inkludiertes Frühstück, WiFi, Airport-Transfer, geräumige Zimmer mit Aussicht und natürlich Salvus charmante Gesellschaft wenn man möchte - er zeigt dir sein Marsaxlokk und Malta, kennt die Insel wie seine Westentasche und erzählt und zeigt dir auch Dinge die in keinem Reisenführer stehen. 

Das Zimmer gibt es hier schon ab 56 EUR die Nacht über Booking.com. Der Host kann aber für individuelle Absprachen/Buchungen auch direkt kontaktiert werden: +356 99368896 (Mobile/WhatsApp) oder salvumangion47@gmail.com

La Gozitaine, Blick von der Dachterasse
 

3. La Gozitaine, Kercem (Gozo)
Wer zentral zu Gozos Hauptstadt Victoria aber dennoch ruhig und ausgesprochen schön wohnen möchte, ist im Bed & Breakfast "La Gozitaine" perfekt aufgehoben. Das liebevoll geführte Haus der beiden Gastgeber Valerie und Jean-Pierre, die dort auch selber wohnen, hat nur 4 Zimmer und jedes ist wunderschön und außergewöhnlich eingerichtet. Das romantische Gebäude ist über 400 Jahre alt und Spuren seiner Geschichte sind überall zu erkennen; ich habe die Zeitreise geliebt als ich hier gewohnt habe. Durch die verwinkelte, maltesische Bauweise gibt es mehrere kleine Dachterassen, von denen aus man den Sonnenuntergang beobachten kann. Valerie zaubert ein tolles, gesundes Frühstück und bietet auch täglich ein frisches, selbstgekochtes 3-Gang-Abendessen für nur 20 EUR an; alle begleitenden Getränke sind for free. Die Zimmer werden täglich gereinigt, es gibt frisches Wasser, Tee, Kaffee und einen Wasserkocher auf dem Zimmer. Die Pool-Area verfügt über Liegen, Schirme und einen Jacuzzi. Eine ganz tolle Unterkunft bei sehr lieben Menschen! Das La Gozitaine erfordert für eine Buchung eine Mindesaufenthaltsdauer von 3 Nächten und das Doppelzimmer ist ab 180 EUR zu bekommen. Da es nur vier Zimmer gibt, sollte man hier frühzeitig buchen.

Besonders gespannt bin ich immer auf die landestypische Küche eines Ortes an dem ich vorher noch nicht war und natürlich hatte ich mich im Vorfeld erkundigt was es auf Malta so für Leckererein gibt. Die maltesische Küche hat deutliche italienische und arabische Einflüsse; auch die Briten haben hier ihre Spuren hinterlassen. Typisch maltesisch und zudem sehr lecker, günstig und an jeder Ecke zu bekommen sind Pastizzi.

Pastizzi mit Ricotta

Das sind kleine Blätterteigteilchen, die traditionell mit Ricotta oder gestampften Erbsen gefüllt werden, es gibt sie aber auch mit Hühnchen. Man bekommt sie zum Frühstück in fast jedem Lokal, in den zahlreichen Pastizzerias sind sie aber den ganzen Tag über zu bekommen und kosten meist zwischen 25 und 50 Cent das Stück.  Sie werden i.d.R. aber morgens frisch gebacken und schmecken dann am besten. Das maltesische Frühstück besteht meist nur aus einem Cappucino und einem Pastizzi oder einem süßen Teilchen und kostet zusammen oft nicht mehr als 2 Euro. Man bekommt aber auch fast überall ein klassisches, deftiges English Breakfast.

Das Essen in den Restaurants ist preislich ähnlich wie in Deutschland; Pizza und Pasta sind jedoch etwas günstiger als hier. Fangfrischer Fisch ist in Restaurants überraschend teuer, was mich sehr gewundert hat, weil es hier sehr viel traditionellen Fischfang gibt und das oft bedeutet, dass Seafood günstig angeboten wird. Probieren solltest du dennoch unbedingt "Lampuki" (Goldmakrele), das ist der Nationalfisch Maltas und man bekommt ihn nur zu einer bestimmten Zeit im Jahr (August - Dezember), weil die Schwärme dann auf ihrem Weg zum Atlantik an Malta vorbeikommen und die Fische dann genau die richtige Größe haben.

Cappucchino & maltesische Patisserie
Das maltesische Nationalgericht ist Fenek (Kaninchen); man isst es als Schmorgericht, aber es gibt auch Pasta-Varianten, z.B. eine Art Bolognese (al Ragu) mit gezupftem Kaninchenfleisch - sehr lecker!
Was wirklich günstig ist, sind Getränke. Einen Cappucino gibt es ab 1,80 EUR, ein lokales Bier ab 1,50 EUR. Unbedingt probieren: Maltas Kult-Limonade "Kinnie" - eine bessere Erfrischung an heißen Tagen gibt es für mich nicht. Es ist eine Limonade aus Orangen und Kräutern und schmeckt wie eine Mischung aus Aperol und Almdudler finde ich; nicht zu süß und ganz ganz leicht bitter.

Ebenfalls hier hergestellt wird ein spezieller, sehr aromatischer Ziegenkäse. Es gibt mangels Weideland nicht viel Viehwirtschaft auf Malta und Gozo, daher werden Kuhmilchprodukte eher importiert. Aber den typischen Ziegenkäse produziert auf Malta praktisch jeder der eine Ziege hat und man kann ihn ganz authentisch in den vielen kleinen Büdchen überall kaufen, die auch Obst und Gemüse anbieten. Hauptsächlich gibt es ihn in zwei Varianten zu kaufen; pur oder in Essig und Pfeffer eingelegt. Ich mag den puren am liebsten, er ist milder. Es ist ein fester Käse, da er getrocknet wird, aber im Kühlregal gibt es auch eine cremige Variante. Ich empfehle in einem traditionellen maltesischen Restaurant eine "Maltese Platter" zu bestellen, eine Platte (ähnlich wie Antipasti) mit landestypischen Spezialitäten wie Käse, Wurst, getrockneten Tomaten, Pasten, Oliven, etc. Alles vor Ort produziert.

Gassen in Valletta
Der letzte Punkt, der Malta für mich zu einem perfekten Ziel für Individualreisen macht, ist die Vielzahl an Aktivitäten, die man hier kostenlos ausüben kann. Die Städtchen sind wunderschön und
z.B. durch die Gassen von Mdina oder Valletta zu flanieren, ist wie ein Besuch in einem kostenlosen Open-Air-Museum. Dazu kommt die atemberaubende Natur, besonders an den Küsten. Malta und Gozo sind durch ein dichtes Netz an Wanderwegen erschlossen und bieten Routen in unterschiedlicher Schwierigkeit. Ich bin einen großen Teil des Gozo Coastal Walk gegangen; hierzu wird es noch einen gesonderten Post geben.
Das kristallklare Wasser mit dem großen Artenreichtum bietet zudem ein tolles Schnorchelerlebnis - Malta ist auch ein Hotspot für Taucher, falls dich so etwas interessiert. Ich war mit Kamera, Taucherbrille und Wanderschuhen allerdings schon gut genug ausgerüstet um jeden Tag etwas zu tun zu haben.


Natürlich gibt es auch Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten, die Eintrittspreise verlangen, z.B die Tempelanlagen in Tarxien und Co. oder Bootstouren zur Blue Lagoon auf Comino. Aber auch das ist alles nicht überteuert und lohnt einen Besuch.
Mein persönliches Highlight war definitiv die Stadt Mdina, die nicht nur einer der Drehorte der Serie Game of Thrones war, sondern auch einfach nur wunderschön ist und zusammen mit ihrer Zwillingsstadt Rabat perfekt für einen Tagesausflug ist. Auch Valletta hat mir unglaublich gut gefallen, allein für diese Stadt kann man schon mehrere Tage einplanen.

 



Mdina - die stille Stadt

Mein Fazit:
Malta ist ein absolut unterschätztes Reiseland, welches viele vielleicht aufgrund seiner geringen Größe, nicht auf dem Radar haben. Hier kann man jede Art von Urlaub machen - sei es allein mit dem Backpack oder als Familie im gehobenen Resort. Nur etwas Vorplanung sollte man einkalkulieren, da es gerade in der Hauptsaison vor Ort knapp werden könnte mit den verfügbaren Unterkünften - Wobei ich das jetzt im Nachhinein auch nicht mehr ganz so kritisch sehe wie vorher.
Mit Englisch kommt man überall dort zurecht, da dies neben dem Maltesischen die zweite Landessprache ist. Die Infrstruktur ist super - insbesondere der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Essen und Trinken sind preislich insgesamt eher günstig bis moderat und bieten ein breites Spektrum - viele Lokale haben auch vegane Optionen.
Als alleinreisende Frau habe ich mich jederzeit sicher und gut aufgehoben gefühlt; ich wurde nur einmal angesprochen und das war abends am Busbahnhof in Valletta - das wäre allerdings am Hauptbahnhof Dortmund wahrscheinlich genauso passiert. Aber aufdringlich war niemand - ganz im Gegenteil: ich habe die Einheimischen als sehr freundlich, höflich, aufgeschlossen und gastfreundlich erlebt.

Schwimmen im kristallklaren Meer


Aufgrund seines milden Klimas ist Malta das ganze Jahr zu bereisen, ab Oktober purzeln zudem die Preise für die Unterkünfte, weil dann die Hauptsaison zuende ist - warm genug zum baden ist es dann aber immernoch. Es regnet fast nie und meistens nur im Winter, also hat man eigentlich eine Schönwetter-Garantie.

Malta und Gozo sollten auf deiner Bucketlist also auf keinen Fall fehlen!


P.S. Reiseadapter nicht vergessen! In Malta werden Steckdosen britischen Standards verbaut.