Dienstag, 5. Juni 2018

Rom in 5 Tagen - Tag 5/5

Und so beginnt er nun, dein letzter Tag in Rom. Wenn du dich an meine Tagestouren gehalten hast, hast du bis hierhin schon so viel gesehen, bist in mehr als 2000 Jahre Geschichte eingetaucht und hast viel mehr Hintergrundinformationen erhalten, als du in einem, handelsüblichen Touristenguide je hättest finden können.  Natürlich gibt es noch so viel mehr zu sehen, auch vieles was ich selber noch nie geschafft habe zu besuchen. Deswegen treibt es mich wohl auch immer wieder her…nur ein einziges Mal für 5 Tage nach Rom? Das geht nicht! Man braucht so viel Zeit um hier alles zu sehen und zu begreifen. Es gibt so vieles zu wissen, so viele Zusammenhänge. In Rom ist alles seit je her und auf ewige Zeiten miteinander verflochten, das hast du wahrscheinlich schon gemerkt. Deinen letzten Tag kannst du ungezwungen angehen und solltest dich nochmal so viel wie möglich draußen aufhalten. Noch ein letztes Mal die tolle Stimmung der Straßen Roms aufsaugen bevor es zurück nach Hause geht.

Kaiserforen

Als du im Forum Romanum warst, hast du sie schon von Weitem gesehen aber nun betrachten wir sie etwas genauer: die Römischen Kaiserforen. Welche Funktion und Bedeutung ein Forum hatte, habe ich ja bereits geschildert. Die Kaiserforen vor denen wir jetzt stehen sind im Grunde eine Erweiterung des Forum Romanums, welches zuerst da war. Die Kaiserforen sind erst gegen Ende der römischen Republik gebaut worden, denn das Kaisertum war nicht immer die vorherrschende Staatsform der Antike und zunächst gab es die römische Republik in der der Senat das Sagen hatte. 

Römische Kaiserforen

Mit der Etablierung des Kaisertums wurde der Bedarf an weiteren Foren deutlich. Die heutigen Kaiserforen bestehen aus vier einzelnen Foren, die aneinander anschließen: Cäsarforum, Augustusforum, Nerva-Forum und Trajansforum. Cäsar war von diesen Kaisern der erste, der der Forderung nach einem neuen und moderneren Forum nachgab und die Erweiterung begann. So wurden nach und nach weitere Foren angeschlossen und der Ausbau endete mit dem Trajansforum, dem zugleich größten und prächtigsten von allen. Es ist auch von allen am besten erhalten. Der Bau dieses Forums war ein Mammutprojekt, denn eigentlich war in dieser zentralen Lage kein Platz für das was sich Trajan vorstellte, auf den nahegelegenen Hügel wollte er mit seinem Forum allerdings auch nicht ausweichen und so entschied er sich, Teile des Hügels einfach abtragen zu lassen, sowie etliche umliegende Häuser einzuebnen, so dass der gewaltige Bau Platz fand.

Die Bögen die man heute noch sehen kann, sind die sogenannten Trajansmärkte. Auf insgesamt 6 Stockwerken gab es hier zahlreiche Läden und Tavernen. Es muss beeindruckend ausgesehen haben; der weiße Marmor, mit dem alles verkleidet war und davor all die bunten Waren: Gewürze, Stoffe und vieles mehr. Hundert Menschen die sich tummeln, Marktschreier, die ihre Produkte anpreisen.


Tranjansmärkte
Ein richtiges antikes Einkaufszentrum wenn man so will - eine Shopping-Mall. Aber es gab wohl auch Verwaltungseinheiten die hier untergebracht waren. Insgesamt alles sehr groß, sehr beeindruckend und sehr modern. Ab dem Mittelalter wurden die Trajansmärkte als Festung. Kloster oder Kaserne genutzt; heute befindet sich darin ein Museum in dem ich aber selbst auch noch nicht war.

Trajanssäule

Ein kleiner Blick nach links genügt und wir sehen das wohl beeindruckendste Überbleibsel des Trajanforums, und zwar die Trajanssäule. Sie steht heute immer noch unverändert  an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort und ist eine Ehrensäule die 112/113 n.Chr. zu Ehren Kaiser Trajans errichtet wurde. Der römische Senat gab sie seinerzeit in Auftrag um Kaiser Trajan für seinen Ausbau der Foren zu würdigen. Im Vergleich zu anderen Säulen, derer es ja viele in Rom gibt, fällt hier direkt auf wie detailliert sie gestaltet ist. Die Säule ist mit einem umlaufenden Relief gestaltet, welches Kriegsszenen zeigt. Kaiser Trajan ist allein rund 60 mal in dem Relief dargestellt. Außerdem haben neuere Untersuchungen ergeben, dass es einst farbig ausgestaltet war, so wie fast alles aus der Antike – ich erzählte es bereits. 

 

Trajanssäule vor dem Nationaldenkmal Vittorio Emanuele II.
Und auch hier fällt es mir wieder schwer mir die Säule quietschebunt vorzustellen. Das einzige was an der Säule nicht mehr original ist, ist die Figur obendrauf; die hat im 16. Jahrhundert ein Papst draufgesetzt, nachdem die ursprüngliche Figur – eine goldene Statue Trajans- im Mittelalter eingeschmolzen und für irgendwas anderes wiederverwendet wurde. Typisch römisches Recycling eben.

Die Säule ist übrigens nicht aus einem Stück. Sie besteht aus mehreren übereinandergesetzten Blöcken, die ursprünglich bleiverplombt waren. Außerdem ist sie innendrin hohl und beherbergt eine Wendeltreppe, über die antike Besucher eine Plattform erreichen konnten von der aus sie einen guten Blick auf das anliegende Forum hatten. Zudem war im Sockel der Säule die Asche des Kaisers untergebracht. Heute kann man nicht mehr in der Säule hinaufsteigen; ich finde die Vorstellung auch irgendwie ziemlich beklemmend. Da die Menschen in der Antike aber wesentlich kleiner waren als heute, schien das kein Problem zu sein.

Aber es gibt an deinem letzten Tag noch eine andere Möglichkeit, ein letztes Mal über die Dächer Roms zu blicken, da du die Trajanssäule nicht hinaufkannst und sie dafür eh nicht mehr hoch genug ist, bzw. das heutige Rom ist viel zu groß für sie. Das Gebäude, welches dir aber einen tollen Ausblick über die Kaiserforen und das antike Zentrum bietet, ist nicht zu übersehen. Es befindet sich direkt gegenüber der Foren und wird von den Römern liebevoll „Die Schreibmaschine“ genannt wird – ein sehr passender Vergleich wie ich finde…

Monumento a Vittorio Emanuele II.

…das  Nationaldenkmal des Vittorio Emanuele II. Ich werde hier nicht viel darüber schreiben, weil ich auch nicht viel darüber weiß, außer dass das Monument dem ersten König des neugegründeten Königreichs Italien gewidmet war und nach seinem Tod in Auftrag gegeben wurde. Ich finde es hässlich – wie die meisten Römer übrigens auch, aber es erfüllt seinen Zweck, wenn man eine schöne Aussicht auf Rom haben will. Ich war einmal oben und wenn ich mich recht entsinne gibt es einen Aufzug und oben einen Gastronomiebetrieb. Schließe hier deine Reise bei einem Aperol Spitz ab und genieß ein letztes Mal die Aussicht bevor du dich auf den Weg zum Flughafen machen musst

 

Ich hoffe, dass dir mein kleiner Reiseführer gefallen hat. Ich selbst war zwar schon viele Male in Rom, habe aber immer noch so einige Punkte auf meiner Bucket List, die ich noch machen muss. Ich bin zum Beispiel noch nie die Via Appia gewandert oder in Ostia im Meer gewesen. Man kann wahrscheinlich sein halbes Leben in Rom verbringen und hat dennoch nicht alles gesehen.

Montag, 4. Juni 2018

Rom in 5 Tagen - Tag 4/5


 
Der heutige Tag steht ganz im Zeichen des Vatikans. Hierfür ist es sinnvoll einen ganzen Tag einzuplanen, da Vatikanstadt etwas außerhalb des römischen Stadtzentrums, auf der anderen Seite des Tibers liegt. Wenn man als Tourist vom Vatikan spricht, sind damit vor allem die vatikanischen Museen und der Petersdom gemeint, also die Teile, die touristische Relevanz haben. Wenn man Vatikanstadt besucht, sollte man einen Weg für einen Spaziergang einplanen; ich finde es immer sinnvoll den Rückweg zu flanieren und hin mit der Metro zu fahren. Da man an den vatikanischen Museen immer sehr lange anstehen muss, ist es ratsam spätestens um 9 Uhr vor Ort zu sein, da die Warteschlange sich entlang der vatikanischen Mauer reiht und es dort in der Mittagshitze sehr unangenehm werden kann. Keinesfalls sollte man auf die zahlreichen „Angebote“ eingehen, die einem beim Warten aufgedrängt werden: es wird damit geworben, für einen kleinen Aufpreis an der Schlange vorbeigeführt zu werden. Tatsächlich handelt es sich aber meistens um Betrüger, die einen dann am Eingang mit einem ungültigen VIP-Ticket stehenlassen und verschwinden. Dann muss man zurück und sich wieder von neuem anstellen. Beißt lieber die Zähne zusammen, seid früh da und stellt euch an; das spart Geld und Nerven.
 
 
Die vatikanischen Museen beherbergen die päpstlichen Kunstsammlungen und sind nicht einfach ein Museumsgebäude was irgendwo hingebaut wurde. Das Museum ist in den vorhandenen Räumen des päpstlichen Palastes entstanden und bindet hier Gemächer, Galerien, Kapellen und vieles mehr mit ein.  Ich war schon so oft hier und jedes Mal ist es wie das erste Mal, so riesig, weitläufig und verwinkelt sind die Räumlichkeiten. Da es wenig Sinn macht über ein Museum zu schreiben, wo Exponate ohnehin beschriftet und erklärt sind möchte ich hier nur auf das eingehen, was meiner Meinung nach das Highlight der vatikanischen Museen ist: die Stanzen des Raffael.
Der junge Raffael (links)
Das Wort stammt vom italienischen Begriff „stanza“= Zimmer ab und bezeichnet die Privatgemächer Papst Julius II., die Raffael für ihn ausgestaltet hat. Auch wenn man noch nie dort war, kennt man wahrscheinlich einige Abbildungen aus den Stanzen – die Malereien sind weltberühmt. Allem voran natürlich die Schule von Athen. Aber du wirst auch Darstellungen dessen sehen, worüber ich hier bereits an den anderen Tagen geschrieben habe, z.B. die Schlacht an der Milvischen Brücke oder die Befreiung Petri aus dem Kerker. Insgesamt ist die vorherrschende Bildthematik fast schon propagandistisch und verherrlichend, wenn auch teilweise auf einer Metaebene. Bei all diesen Szenen geht es letztlich um nichts anderes als dem Sieg des Christentums über das Heidentum und die oberste Legitimation des Papstes als Gottes Stellvertreter auf Erden.
Die besagte Schule von Athen ist mit Abstand die bekannteste und, wie ich finde, beeindruckendste und spannendste Malerei in den Stanzen. Ich sagte es schon öfter an anderen Stellen und es gilt auch hier: allein über dieses Wandfresko kann man hunderte Seiten schreiben.
Besonders spannend ist der Hintergrund dieses Freskos, hier wurde mal wieder die Architektur vom Petersdom missbraucht und als Vorlage für diese antike Szene altgriechischer Persönlichkeiten genommen. Thematisch ist es typisch für die Renaissance. Der Begriff Renaissance bedeutet Wiedergeburt und die Denkweise dieser Zeit war geprägt von der Wiedergeburt und Rückbesinnung auf die kulturellen Güter und Leistungen der griechischen Antike. Allem voran die der Philosophie. Deswegen sehen wir in der Schule von Athen auch alle wichtigen Vertreter und Denker dieser Zeit – also der griechischen Antike- wie zum Beispiel Platon und Aristoteles im Zentrum des Bildes. Die Wissenschaft ist sich bei vielen der anderen Personen uneinig, die beiden eben genannten gelten jedoch als unstrittig. Was die Zuordnung der Figuren erschwert ist, dass sie teils nur über ihre Attribute identifiziert werden können, ihre Gesichter tragen die Züge anderer Personen.  Platon zum Beispiel die von Leonardo da Vinci. Das Gemälde ist also eine Hommage auf mehreren Ebenen, zum einen an die griechische Philosophie, zum anderen an die großen Kunstvertreter der Renaissance.
Auch Raffael hat sich mit einem Selbstbildnis verewigt, wenn auch sehr bescheiden in einer Nebenrolle am rechten Bildrand. Insgesamt kann man sagen, dass bezüglich des Figureninventars der Schule von Athen unglaublich viele Fehlinformationen und -interpretationen kursieren. Sogar in der Fachliteratur. Hier lohnt sich zum Weiterlesen keinesfalls ein Blick in die Wikipedia, denn das was dort zu diesem Gemälde steht ist, gelinde gesagt, Bullshit.
 
 
Hat man etliche hundert Meter der vatikanischen Museen hinter sich gebracht, führt der Weg zwangsläufig an einen Ort, den wohl fast jeder Mensch kennt: die Sixtinische Kapelle, oder auch einfach Sixtina genannt. Sie beherbergt nicht nur eines der berühmtesten Gemälde der Welt, sondern ist auch der Ort, an dem das Konklave abgehalten wird, also die Versammlung der wahlberechtigten Kardinäle der römisch-katholischen Kirche zur Wahl des Papstes. Aber dieses Verfahren soll hier gar nicht Thema sein, sondern vielmehr die sagenhafte malerische Ausarbeitung des Innenraums. Die Nord- und Südwand der Kapelle zeigen jeweils Szenen aus dem Leben Jesu und aus dem Leben des Moses; vor Kopf befindet sich ein Stirnwandfresko mit dem Namen das Jüngste Gericht. Aber eigentlich möchte man nur den Kopf in den Nacken legen und die Decke anstarren. 
Deckenfresko Sixtinische Kapelle

Ein riesiges Wimmelbild mit einem unglaublichen Figureninventar. Wir sehen hier in der Sixtina mit einen der Gründe, wieso Michelangelo mit den parallel stattfindenden Arbeiten am Juliusgrabmal nicht fertig wurde; Papst Julius II. zog ihn währenddessen immer wieder davon ab, um an der Ausgestaltung der Sixtina zu arbeiten. Es muss eine unglaubliche Belastung für Michelangelo gewesen sein und es findet sich hier auch ein kleiner versteckter Hinweis darauf, was der Künstler von der Vorgehensweise seines Auftraggebers gehalten hat. Aber alles der Reihe nach. Das Deckenfresko zeigt Szenen aus der Genesis, also dem ersten Buch des Alten Testaments. Am bekanntesten ist hierbei wohl die Szene namens Die Erweckung Adams, relativ mittig. Insgesamt gibt es auf der zentralen Längsachse 9 Bildfelder, wobei immer drei thematisch zusammengehören. Ich habe eine gute schematische Darstellung bei Wikipedia gefunden und packe sie euch hier mit rein. 
Deckenfresko, schematische Darstellung

Der korrekte zeitliche Ablauf dieser Szenen wäre natürlich von rechts nach links zu lesen, also beginnend mit der Schöpfung der Welt. Michelangelos malte die Felder jedoch in umgekehrter zeitlicher Reihenfolge, beginnend mit der Trunkenheit Noahs. Hierfür gibt es zwei Gründe. Einen offiziellen und einen eher inoffiziellen. Der Künstler musste während des laufenden Betriebs der Sixtina arbeiten. Er hatte ein mobiles Gerüst auf dem er liegend malen konnte, dicht unter der Decke. Der Bereich unterhalb der gelben Felder ist der Ort, wo der Papst während der Gottesdienste stand, das heißt, wenn dort das Gerüst steht kann die Sixtina de facto nicht für Messen benutzt werden, da der Platz der Kanzel blockiert wird. Also arbeitete er von hinten nach vorne, so konnte der Betrieb möglichst lange aufrechterhalten werden. Jetzt könnte man natürlich – völlig zu Recht- einwerfen, dass es doch gehopst wie gesprungen sei, ob die Kapelle nun zu Beginn der Arbeiten geschlossen ist oder zum Ende hin. Und das ist es natürlich auch. An dieser Stelle kommt der inoffizielle Grund für die Reihenfolge zum Tragen. Hierfür muss man wissen, dass Michelangelo, so begnadet er als Maler auch war, sich selbst als Bildhauer sah. Mit anderen Worten, er hasste die Arbeit an der sixtinischen Kapelle wie die Pest. Nicht nur weil ihm die Malerei als solche, weniger Freude bereitete, auch die Arbeit an sich war schlichtweg ätzend. Auf dem Rücken liegend, zügig arbeitend, bevor der feuchte Putz trocknet und nicht mehr bemalt werden kann. Der Putz, der ihm ständig ins Gesicht tropft, in die Augen, ihn fast blind macht. Und im Hinterkopf die Deadline für das Juliusgrabmal. Aber ablehnen konnte er diesen Auftrag eben auch nicht. Und so rächte er sich auf seine ganz eigene Art und Weise, und zwar mit der Ausarbeitung der letzten drei Bildfelder, die er ganz zum Schluss malte, als man ihm längst freie Hand ließ und ihn nicht mehr kontrollierte und überwachte. Denken wir an den Platz der Kanzel, also den Ort wo der Papst steht, wenn er die Messe liest und denken wir daran wie Michelangelo sich gegen diesen verhassten Auftraggeber nicht wehren konnte. Und dann versetzen wir uns in die Rolle des Papstes, der in der Sixtina steht und an seinem Platz nach oben sieht…
…und jedes Mal des Arsches Gottes angesichtig wird! 
Der Arsch Gottes
Diese Spitze ist unglaublich clever und witzig gemacht. Gott trägt ein rosafarbenes Gewand, aber auf die Entfernung sieht es wirklich so aus als würde er dem Papst unten am Boden seinen nackten Arsch entgegenstrecken. Es ist nicht überliefert ob der Papst gecheckt hat, was man ihm damit sagen wollte, aber da er kein dummer Mann war, ist davon auszugehen, dass er es verstanden und einfach ignoriert hat.
Über zwanzig Jahre nach der Vollendung des Deckenfreskos wird Michelangelo (der immer noch am Juliusgrabmal arbeitet) vom nachfolgenden Papst Clemens VII. mit der Ausarbeitung des Stirnwandfreskos beauftragt. Er malt hier das Jüngste Gericht, ein Werk welches absolut skandalträchtig war und einige Kirchenherren gegen ihn aufbrachte. Insbesondere ist ein heftiger Streit zwischen Michelangelo und einem ranghohen Kardinal überliefert, bei dem es darum ging, dass dieser das Bild obszön und anrüchig fand. In diesem Fresko findet sich auch ein Selbstbildnis Michelangelos, und zwar malte er sich als die abgezogene Haut des Märtyrers Bartholomäus. Ein weiteres Zeichen dafür, wie er sich mit dem Gesamtproblem im Dienste der Päpste zu stehen, fühlte.
Übrigens: Die Sixtina sieht erst seit der letzten Restaurierung so aus wie jetzt. Bis Anfang der 90er Jahre dachten Kunsthistoriker das Michelangelo für die Fresken sehr gedämpfte Farben verwendet hatte und dann stellte sich bei der Restaurierung heraus, dass einfach alles mit einer Schicht aus Ruß überzogen war und zum Vorschein kamen leuchtende und strahlendbunte Farben.
 
 
Die gemeinhin als Petersdom bezeichnete Basilika Sankt Peter im Vatikan ist die Memorialkirche des Apostels Petrus. Memorialkirchen sind Kirchen, die in enger Verbindung mit dem Leben oder der Reliquie eines Märtyrers stehen. Im Falle des Petersdoms handelt es sich um das mutmaßliche Grab des Petrus. Die Basilika ist, obwohl im Vatikan gelegen, weder die Kathedrale des Bistums Rom, noch die ranghöchste römisch-katholische Kirche; das ist wie bereits erzählt die Basilika San Giovanni in Laterano. Was sie aber definitiv ist: ein absolutes Brett in Sachen Größe! Auf einer Grundfläche von 20.139 m² fasst Sankt Peter an die 20.000 Menschen und ist damit weltweit eines der größten Kirchenbauwerke.
Der Vorgängerbau, Alt-Sankt-Peter wurde 324 n.Chr. von Konstantin I. über dem vermeintlichen Grab des Apostels Petrus errichtet; der (Neu)bau wie er heute steht wurde im beginnenden 16. Jhd. In Angriff genommen und es dauerte mehr als 150 Jahre bis zu seiner Vollendung. In dieser Zeit waren zahlreiche Künstler und Architekten an dem Bau beteiligt; einige Namen kennst du nach einigen Tagen in Rom wahrscheinlich bereits, sie begegnen einem hier immer wieder: Bramante (Grundlagepläne, Grundsteinlegung, Vierungspfeiler), Raffael (Gewölbeentwurf), Michelangelo (Planung des Westteils der Basilika und der Kuppelkonstruktion), Bernini (Baldachin, Petersplatz und künstlerische Ausgestaltung) und Borromini (Assistenz bei der Errichtung des Baldachins). Bereits Alt-Sankt-Peter war ein monumentaler Bau für seine Zeit und an sich bestand keine Notwendigkeit eine neue Kirche zu errichten. Aber erinnere dich kurz zurück an deinen Besuch in der Basilika San Pietro in Vincoli und an die Geschichte des Juliusgrabmals: bereits zu Beginn seines Pontifikats gab Julius II. sein Grabmal in Auftrag, befand aber Alt-Sankt-Peter für nicht angemessen genug, sein monumentales Grabmal zu beherbergen – denn da sollte es ja aufgestellt werden. Er gab daher eine Erweiterung der Kirche in Auftrag. Finanziert wurde das teure Projekt übrigens zu einem Großteil durch Ablasshandel. Dadurch wurde der Neubau von Sankt Peter später auch zu einem der Hauptargumente der Reformatoren und Ausgangspunkt der Reformation der Kirche. Aus der Erweiterung der mehr als tausendjährigen konstantinischen Basilika wurde unter der Bauleitung Bramantes das Abtragen der alten Bausubstanz und somit im Grunde die komplette Zerstörung des geschichtsträchtigen Gebäudes. Dies wurde ihm auch von Zeitgenossen vorgeworfen und schriftliche Zeugnisse dessen können als frühe Überlegungen in Richtung Denkmalschutz gelesen werden.
Aber was meiner Meinung all diese historischen Informationen überstrahlt und in Worten nicht wiedergegeben werden kann, ist der Eindruck, den man hat, wenn man den Petersdom betritt. Ich finde, dass fast alle Kirchen Roms die ich kenne, von außen kaum nach dem aussehen was sich in ihnen befindet; aber bei Sankt Peter ist es besonders enorm. Wie gigantisch diese Kirche ist, wird einem erst klar, wenn man sie betritt. Allein die Pfeiler sind so gewaltig, dass man sie im ersten Moment gar nicht als Pfeiler wahrnimmt. Und dann diese riesige Kuppel…in die man übrigens hochsteigen kann. Man darf allerdings nicht unbedingt klaustrophob sein. Ich habe das ein einziges Mal gemacht und der Aufstieg war grauenhaft, aber das was man am Ende sieht macht es wett. Über Rom blicken, über ganz Rom, das ist atemberaubend.
Es ist unmöglich den Petersdom zu behandeln, ohne über den Petersplatz zu sprechen. 
Der Petersplatz vom Petersdom aus gesehen
 Die Piazza San Pietro wurde unter dem Pontifikat Papst Alexanders VII. von Bernini entworfen und angelegt. Das Oval der Kolonnaden ist nicht nur dekoratives Element, sondern bildet gleichzeitig die Staatsgrenze zwischen der Vatikanstadt und Italien. Ich finde es immer wieder schräg, dass Vatikanstadt ein eigener Staat ist und noch schräger, dass die Amtssprache Latein ist – eine tote Sprache. Surreal irgendwie. Aber zurück zum Peterslatz. Ich denke eingangs beschreibt man ihn am besten, indem man seinen Erbauer, Bernini, zitiert:
Da die Kirche Petri sozusagen die Mutter aller anderen Kirchen ist und sie daher Kolonnaden haben muss, die wie mit mütterlich ausgebreiteten Armen die Katholiken aufnehmen, um sie in ihrem Glauben zu bestärken, und die Häretiker, um sie in der Kirche wiederzuvereinen, sowie die Ungläubigen, um sie zum wahren Glauben zu erleuchten. – Bernini
Also soviel zur Intention. Der optische Effekt lohnt einen zweiten Blick. Kommt man von der Via della Conciliazioneauf den Petersdom zu, sieht er sehr lange sehr klein aus finde ich. Auch wenn man auf dem Petersplatz steht, wirkt er sehr weit entfernt. Dies liegt an der trapezförmigen Piazza Retta, die an das Oval anschließt und den Petersplatz mit der Basilika verbindet. Dieser Platz ist leicht abschüssig gestaltet und erzeugt so insgesamt eine Art optische Täuschung, welche die Fassade der Basilika optisch in die Ferne rückt. Die Kolonnaden bestehen aus sage und schreibe 284 Säulen und werden von 140 Heiligenfiguren bekrönt. Der Platz selbst senkt sich zur Mitte hin und zentraler Blickpunkt ist ein Obelisk, der zuvor im Circus des Nero stand, welcher sich an der Stelle des heutigen Petersplatzes befand. Der Legende nach erlitt Petrus im Circus unter Kaiser Nero den Märtyrertod.
Außerdem gibt es einen Brunnen auf dem Petersplatz und zwischen dem Obelisken und diesem Brunnen – du solltest diese Stelle unbedingt suchen- sind zwei Marmortafeln in den Boden eingelassen. Sie markieren die Ellipsenbrennpunkt und wenn man sich auf sie stellt und Richtung Kolonnaden blickt, erscheinen die vierreihigen Säulengänge als gäbe es jeweils nur eine Säule.
Übrigens: Bernini plante ursprünglichen einen dritten Kolonnadengang, welcher den optischen Effekt beim Zuschreiten auf den Petersdom nochmal verstärken sollte. Dieser wurde aber aufgrund des Todes des auftraggebenden Papstes und der allgemeinen Bebauungsdichte des Geländes nicht umgesetzt.
 
 
Entfernen wir uns vom Petersdom und ziehen Richtung Tiber, taucht schnell die Engelsburg auf. Seit je her die Trutz- und Schutzburg der Päpste musste sie in unmittelbarer Umgebung und erreichbar sein. Wenn man Illuminati von Dan Brown gelesen hat, weiß man, dass die Engelsburg mit einem Fluchtweg versehen ist, der zum päpstlichen Palast führt. Dan Brown beschreibt es in seinem Roman als Geheimgang – wie geheim der Gang tatsächlich ist wirst du schnell sehen – nämlich gar nicht. Er verläuft wie eine Art Brücke oberirdisch und jeder wusste von ihm.
Der antike Name der Engelsburg lautet Hadrianeum und war als was gedacht? Genau, als Grab. Kaiser Hadrian ließ die Engelsburg als Mausoleum für sich und seine Nachfolger errichten. Erst später wurde sie zur Schutzburg umgebaut und bis ins frühe 20. Jhd. als solche genutzt. Seitdem beherbergt sie ein Museum.  Ein Besuch lohnt sich, es ist noch einiges an Wand- und Deckenmalerei zu sehen, außerdem hat man auch von der Spitze der Engelsburg einen tollen Blick. Also falls du dir davor die Kuppel des Petersdoms gespart hast, hier ist die nächste Gelegenheit für ein Panorama und ein paar instagram-taugliche Fotos.
Der Bau wurde zu Lebzeiten Hadrians begonnen, aber erst unter seinen Nachfolgern beendet. Wie angedacht wurden Hadrian und seine Frau Sabina dort bestattet und nach ihnen noch einige weitere Kaiser, deren Namen du sicherlich schonmal gehört hast, zum Beispiel Septimius Severus, Mark Aurel, Caracalla, Antoninus Pius und seine Frau Faustina.
Der zylindrische Baustil geht auf die Grabbauweise der Etrusker zurück und man muss sich das ursprüngliche Mausoleum noch etwas mehr wie einen flachen Kegel vorstellen. Rekonstrukteure sind sich uneinig ob die Kegeloberfläche mit Marmor verkleidet war, oder mit einem Zypressengarten bepflanzt. Als gesichert gilt jedoch, dass auf der Spitze des Mausoleums eine Quadriga stand, die Hadrian als Sonnengott zeigte. Bereits im 6. Jhd. wurde das gut befestigte und mittlerweile als Zitadelle in die Stadtmauer integrierte Mausoleum als bedeutsamer Stützpunkt zur Kontrolle der Stadt augenfällig und vom Gotenkönig Totila zum Stützpunkt ausgebaut. Der endgültige Umbau zur Schutzburg der Päpste erfolgte im 16. Jahrhundert.  Die Päpste richteten sich zum Teil sehr prunkvolle Privatgemächer ein, darunter die sogenannte Sala Paolina, die heute auch besichtigt werden kann. Aufwendige, manieristische Freskenmalereien, inspiriert von den Grotesken der Domus Aurea, schmücken Decken, Wände und Durchgänge.
Übrigens: Der heutige Name Engelsburg geht auf die Zeit zurück in denen in Rom die Pest wütete. Im Jahre 590 erschien der Legende nach Papst Gregor I. der Erzengel Michael über dem Mausoleum, der ihm das Ende der Pest verkündete. Da die Pest tatsächlich noch im gleichen Jahr zuende ging, hieß das Grabmal fortan Engelsburg und an dieses Ereignis erinnert die große Engelsstatue auf der Burg noch heute.
 
Die in der Antike als Pons Aelius Hadrianuserbaute Engelsbrücke verbindet den Bereich der Engelsburg mit dem Stadtzentrum und spannt sich über den Tiber. Die Engel auf der Brücke sind erst nach der Namensgebung der Brücke entstanden, sie wurden von Bernini und seinen Schülern geschaffen. Alle Engel sind mit Attributen ausgestattet, die mit der Passion Christi zu assoziieren sind, zum Beispiel die Dornenkrone, das Kreuz und die Lanze. Wie die Engelsburg wurde auch die Engelsbrücke von Kaiser Hadrian gebaut; er wollte das sogenannte Marsfeld jenseits des Tibers mit seinem Mausoleum verbinden und bereits in der Antike galt diese Brücke als die Schönste der Welt. Das Marsfeld war übrigens ein großes offenes Gelände im alten Rom, welches dem Kriegsgott Mars geweiht war. Es wurde als Weideland genutzt, außer zu Kriegszeiten, dann wurde es vom Militär zu Übungszwecken verwendet. Die Engelsbrücke war früher ein wichtiger Verkehrsweg. Gerade in Heiligen Jahren, wenn viele Pilger nach Rom kamen um im Petersdom den Ablass ihrer Sünden zu erhalten, war die Brücke ein bedeutender Zubringer. Im Jahre 1450 ereignete sich hier etwas, was dem Loveparade-Vorfall in Duisburg vor einigen Jahren ähnelt. Durch zuströmende Menschenmassen bildete sich ein Nadelöhr; die Situation wurde noch verschärft dadurch dass Händler und Gaukler auf der Brücke einige Stände errichtet hatten. Es brach eine Massenpanik aus, die 172 Menschen das Leben kostete. Daraufhin verbot der damalige Papst das Aufstellen von Ständen auf der Brücke und eine weitere Brücke in unmittelbarer Nähe wurde zur Entlastung der Besucherströme gebaut.
Übrigens: Zu zweifelhafter Bekanntheit kam die Engelsbrücke im 16. Jahrhundert durch die damals gängige Praxis, hier die abgeschlagenen Köpfe von Verbrechern auszustellen.
 
Piazza Navona
 
Der Weg zurück ins Zentrum führt zwangsläufig an der Piazza Navona vorbei, daher kannst du diesem Ort auch direkt einen Besuch abstatten und in den Gassen rund um diesen schönen Platz etwas essen gehen. Die Piazza Navona ist besonders wegen seines berühmten Brunnens weltweit bekannt. Was aber auf Luftaufnahmen zunächst mal direkt auffällt ist die ungewöhnliche Form des Platzes.
Piazza Navona, Flurkarte

Diese greift das auf was die Piazza Navona ursprünglich gewesen ist: eine Arena. Direkt auf dem Marsfeld gelegen ließ bereits Cäsar hier ein Stadion errichten um griechische Wettkämpfe ausrichten zu lassen.
Modell der Arena

Diese, eher provisorische Arena, wurde 40 Jahre später durch Kaiser Domitian monumental ausgebaut. Wie ein Großteil der antiken Bausubstanz, befinden sich die Überreste des Stadions auch hier unterirdisch. Teile der Bögengänge wurden unter der anliegenden Kirche Sant‘ Agnese in Agone ausgebraben, vom Holzaufbau mit den Zuschauerrängen ist nichts mehr übrig. Jene Kirche steht übrigens an der Stelle an der der Legende nach die Heiline Agnes von Rom ihr Martyrium erlitt.
Zentraler Blickpunkt des Platzes, der heute ein beliebter Ort für Kleinkunstgewerbetreibende ist, ist jedoch der sogenannte Vierströmebrunnen, erbaut im Stil des Hochbarocks von (na, wem wohl…) Bernini. Der 1651 fertiggestellte Brunnen symbolisiert die 4 damals bekannten Kontinente über die Darstellung der jeweils repräsentativen Flüsse Nil (Afrika), Donau (Europa), Ganges (Asien) und Rio de la Plata (Südamerika). Ich vergesse immer welche Figur für welchen Fluss steht aber sie sind mit Attributen in Form von Pflanzen und Tieren des Kontinentes versehen, so dass du selber versuchen kannst, die Zuordnung zu machen. Ich meine mich aber auch zu erinnern, dass es dransteht, aber vielleicht irre ich mich auch.
Übrigens: Der Obelisk in der Mitte des Brunnens stammt vom ehemaligen Isis-Tempel des Domitian. Er ist mit Hieroglyphenschrift graviert; der Textinhalt ist aber nicht so interessant wie die Tatsache, dass dies eine der letzten Inschriften überhaupt ist die in Hieroglyphen ausgeführt wurde, kurz danach endete die Ära dieser Schrift.